Marco Letta ist seit sechs Jahren Unternehmensleiter der St.Galler Stadtwerke. Im Interview erzählt er von seinem Arbeitsalltag und der Zukunft der Energiebranche.
Herr Letta, was treibt Sie als Unternehmensleiter der St.Galler Stadtwerke an?
Die St.Galler Stadtwerke (sgsw) spielen als Energieversorgungsunternehmen eine zentrale Rolle bei der Umsetzung von Massnahmen aus dem städtischen Energiekonzept 2050. Dabei spüre ich den Rückhalt und die Wertschätzung von Stadtparlament und Bevölkerung. Deren positive Grundhaltung zeigt sich ja sehr direkt im Abstimmungsverhalten.
Zudem sprechen mich St.Gallerinnen und St.Galler immer wieder auf Versorgungsthemen an. Und ob es um Energie, Wasser oder das Glasfasernetz geht – überall spüre ich Akzeptanz und Anerkennung für unsere Arbeit. Das treibt mich an.
Wie sieht die Energiezukunft in St.Gallen aus?
Erstens müssen wir alle lokal vorhandenen Energiequellen nutzen und die verfügbare Energie möglichst effizient einsetzen. Zweitens gilt es, die verschiedenen Versorgungsnetze in einem Gesamtsystem zusammenzuführen. Und drittens werden wir die produktions- und konsumseitigen Beziehungen neu zu definieren haben, da – Stichwort Prosumer – deren Grenzen zunehmend verwischen.
Auch wenn die Netto-Null-Zukunft ganz neue Herausforderungen für unsere Energieversorgung bereithält, benötigen wir auch weiterhin unsere Versorgungsnetze. Was sich in den kommenden Jahren aber ändern wird, sind die Energieflüsse: Wo früher z.B. Strom aus Wasserkraft praktisch direkt zur Steckdose gelangt ist, wird er je länger je mehr aus Photovoltaik-Anlagen stammen und einen Umweg über Batterien oder Akkus nehmen.
Die Balance zwischen Versorgungssicherheit, Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit – darauf haben wir die Strategien der sgsw ausgerichtet.
Die Balance zwischen Versorgungssicherheit, Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit – darauf haben wir die Strategien der sgsw ausgerichtet.

Energie ist ein allgegenwärtiges Thema. Wie beeinflusst es Ihren Alltag?
Privat setze ich auf Wärmepumpe, Photovoltaik-Anlage, LED-Leuchten, E-Bike und Elektroauto. Dazu versuche ich, auch mit vermeintlich kleinen Aktionen meinen Beitrag zu leisten, indem ich beim Verlassen eines Raums das Licht lösche oder auf meinen Wasserverbrauch achte. Denn heute sind wir alle gefragt: Die Energiewende fängt bei uns selbst an und es gibt viele Massnahmen, die wir ergreifen können, ohne dass es weh tut. Ich versuche auch hier, Verantwortung zu tragen.
Hat sich Ihre Arbeit seit der drohenden Energiemangellage verändert?
Nein, unsere Aufgabe war und ist, die Versorgung mit Energie, Wasser und Glasfasern sicherzustellen. Und dies wird auch in Zukunft so bleiben. Ich beobachte Veränderungen und Trends aufmerksam und versuche, sie einzuordnen. Gegenüber Innovationen bin ich offen und schaue, wie sie sich am besten nutzen lassen. Es ist jedoch generell ein Umdenken notwendig und wir müssen Gewohntes hinterfragen.
Heute sind wir alle gefragt: Die Energiewende fängt bei uns selbst an und es gibt viele Massnahmen, die wir ergreifen können, ohne dass es weh tut.
Seit 2017 ist Marco Letta Unternehmensleiter der St.Galler Stadtwerke. Er hat 1990 an der ETH Zürich das Studium als Dipl. Masch. Ing. ETH/BWI abgeschlossen, 2000 einen Führungslehrgang am IMD - International Institute for Management Development in Lausanne und 2020 erfolgreich den VR-CAS HSG - Lehrgang an der Swiss Board School absolviert. Marco Letta wirkte in seiner beruflichen Laufbahn in verschiedenen internationalen Konzernen und Branchen als Verkaufsleiter und Geschäftsführer/CEO.
Wenn Sie einen Wunsch hätten, wie würde dieser lauten?
Mein Wunsch schliesst die St.Galler Bevölkerung und die sgsw mit ein: Ich wünsche mir, dass wir gemeinsam und entlang unseres städtischen Energiekonzepts 2050 in unsere Energiezukunft gehen. Die Zusammenarbeit zwischen der Bevölkerung und den St.Galler Stadtwerken ist dabei entscheidend. Unser Know-how hilft den St.Gallerinnen und St.Gallern, die richtigen Lösungen für ihre Liegenschaften zu finden und umzusetzen. Jedes Gebäude soll die passende Energielösung haben, unabhängig davon, wo es steht. Dann sind wir auf dem besten Weg, die Netto-Null-Ziele gemeinsam zu erreichen.