Er gehört zu den meist frequentierten Orten der Stadt: der Marktplatz. Die sgsw verlegen hier die neuen Trinkwasserrohre. Verantwortlich dafür ist Rohrnetzmonteur Gebi Buob. Für den 40-Jährigen ist es eine besondere Baustelle – auch wegen des Publikums.
Zwei Männer stehen am Absperrzaun und beobachten interessiert das Geschehen auf der Baustelle am Bohl. Der eine raucht eine Zigarette, der andere kaut an seinem Brötchen. Es ist kurz nach Mittag, der Himmel bedeckt. Ein zügiger Wind bläst durch die Altstadt. Die vorbeieilenden Menschen haben ihre Mützen tief ins Gesicht gezogen. Die beiden Männer am Zaun reden nicht viel, sie schauen. Und sie sehen, wie ein mit mehreren Rohren beladener Lastwagen im Schritttempo vor das mexikanische Restaurant fährt und die Rohre mithilfe des Lastwagenkrans abgeladen und neben die Baugrube platziert werden. «Jetzt geht’s los», murmelt der eine und der andere nickt stumm.
9 Rohre auf 54 Meter Länge
Seit Oktober 2023 wird auf dem Marktplatz und am Bohl gebaggert und gebaut. Zum einen werden zwischen Oberer Graben und Burggraben durch die sgsw neue Fernwärmeleitungen erstellt, zum anderen müssen die über 55-jährigen Wasser- und Gasleitungen zwischen Marktgasse und Brühltor ersetzt werden. Die Bauarbeiten dauern bis im September 2024. An diesem Nachmittag im März ist die Wasserleitung an der Reihe. Die alten Rohre sind in den Tagen zuvor bereits entfernt worden. Knapp 54 Meter lang ist die Grube, in der die 9 neuen Rohre verlegt werden. Dafür musste die Trinkwasserversorgung kurzzeitig unterbrochen werden. Damit aber die St.Gallerinnen und St.Galler während der gesamten Bauphase nicht auf ihr Trinkwasser verzichten müssen, wurde eine Ersatzleitung in Betrieb genommen. Diese führt unweit der Hauptschlagader durch den Untergrund des St.Galler Markplatzes.
Gebhard «Gebi» Buob ist Rohrnetzmonteur bei den sgsw und als stellvertretender Gruppenleiter der Rohrnetzmonteure des Bereichs Wasser, Gas und Wärme für den Aus- und Einbau der alten respektive neuen Wasserleitungen am Marktplatz verantwortlich. Die ersten Rohre sind bereits am Morgen verlegt worden, jetzt geht’s mit den nächsten weiter. Dafür steigt Gebi Buob mit einem Kollegen in die Baugrube, ein dritter bleibt zusammen mit Mitarbeitern der Baufirma oben bei den Rohren. Eines davon wiegt rund 1 Tonne, ist etwa 6 Meter lang und hat einen Durchmesser von 500 Millimetern. Es sind sogenannte ZMU-Rohre. Das heisst: Diese Wasserrohre sind aus Gusseisen und besitzen sowohl gegen innen als auch gegen aussen eine Zementmörtel-Umhüllung. Diese spezielle Umhüllung kombiniert mechanischen Schutz mit hoher Korrosionsbeständigkeit. Die Rohre sind ideal für diese Art von Wasserleitungen. «Sie sind das Beste, was es aktuell auf dem Markt gibt», sagt Gebi Buob, «sozusagen der Ferrari unter den Rohren.»
Auf dem Platz neben der Grube wird das Rohr an der Baggerschaufel befestigt. Der Baggerfahrer hievt es mit der Schaufel in die Luft. Geschickt bringt er es in die Nähe der bereits verlegten Rohre. Gebi Buob und sein Kollege nehmen es in Empfang. «Stopp», ruft der Rohrnetzmonteur in Richtung Chauffeur und zeigt mit der Hand in die andere Richtung. «Etwas zurück.» Der Baggerfahrer folgt den Anweisungen und lässt danach das Rohr auf den Boden der Grube gleiten. Gebi Buob streckt den Daumen nach oben. «Passt.» Mit gemeinsamer Kraft schieben sie das Rohr ins vordere, ziehen den Dichtungsgummi darüber und machen die Übergänge undurchlässig. «Das ist Millimeterarbeit», sagt der Monteur und klettert aus der Grube.
Je grösser die Baustelle und die Rohre, desto spannender die Arbeit.
Eine besondere Baustelle
Die Baustelle am Bohl ist auch für Gebi Buob etwas Besonderes: Zum einen gehört sie zu den grösseren, für die er bisher verantwortlich war. Zum anderen befindet sie sich an einem der stark frequentierten Orte der Stadt. Hunderte von Menschen gehen täglich über den Marktplatz und an der Baustelle vorbei. Kinder und Studierende, Berufstätige und Pensionierte. Manche bleiben stehen und schauen den Monteuren bei der Arbeit zu, andere wollen es genauer wissen und stellen Fragen. «Wenn wir Zeit haben, geben wir sehr gerne Auskunft», sagt der 40-Jährige. Ihm ist es nicht unangenehm, ausgestellt zu sein. Im Gegenteil. Er geniesst es, wenn rund herum etwas läuft. «Normalerweise haben wir auf unseren Baustellen nicht so viel Publikum», sagt er und lacht.
Der gelernte Landwirt, Maurer und Rohrnetzmonteur arbeitet seit 14 Jahren bei den sgsw, seit 8 Jahren ist er stellvertretender Gruppenleiter. Der 40-Jährige verlegt Wasser- und Gasleitungen, erneuert und repariert sie. Die meiste Zeit arbeitet Gebi Buob draussen, was ihm besonders gut gefällt. Und er liebt Herausforderungen: «Je grösser die Baustelle und die Rohre, desto spannender die Arbeit», sagt er und nennt als Beispiel die Baustelle bei der Splügenstrasse vom vergangenen Jahr. Damals hatten sie vier Leitungen – zwei Wasser- und zwei Gasleitungen – in einer einzigen Grube zu verlegen. «Das war eine ziemlich komplexe, aber auch sehr interessante Arbeit.»
Vor den Baumwurzeln schützen
Auf der Baustelle am Bohl haben Gebi Buobs Kollegen mittlerweile ein etwas rostig ausschauendes Rohr, das auf der einen Seite nicht ganz geschlossen ist, in die Grube gelegt. «Das ist der Schutz für die Wasserleitung», erklärt der Rohrnetzmonteur und steigt wieder in die Grube. Ist der Marktplatz erst einmal neugestaltet, werden dort auch Bäume wachsen. Damit deren Wurzeln die Leitungsrohre nicht angreifen oder beschädigen, wird bereits heute ein Schutz über die Rohre gelegt. Für Gebi Buob und seine Kollegen heisst das: doppelte Millimeterarbeit. Ein älteres Ehepaar schaut neugierig über den Absperrzaun in die Grube. Werden die Arbeiter es auf Anhieb schaffen, scheinen sie sich zu fragen.
Wieder ist Teamarbeit gefragt. Gebi Buob gibt dem Baggerführer, der an der Schaufel wieder das Rohr hängen hat, Anweisungen. «Vor, vor, vor», ruft der Monteur. «Stopp. Langsam runterlassen.» An einem Ende des Rohrs stehen zwei Kollegen von Buob und halten es, ein weiterer Kollege steht vorne. Gemeinsam bringen sie das Rohr in die richtige Position und stossen es dann mit viel Augenmass und Muskelkraft durch die Schutzhülle. Schliesslich schliessen sie es ans letzte Rohr an. Geschafft. Gebi Buob rückt seinen roten Helm zurecht und gibt ein Zeichen nach oben. Er ist parat für das nächste Rohr.