Die Nachfrage nach E-Ladestationen steigt – auch in Mehrfamilienhäusern. Reto Steingruber, Verkaufsberater Mobilität bei den St.Galler Stadtwerken, unterstützt Liegenschaftsbesitzerinnen und -besitzer bei der Wahl und Installation der passenden Ladelösung.
Ein dumpfes Echo begleitet die Schritte von Reto Steingruber und Thomas Egli, als sie durch die Tiefgarage eines Mehrfamilienhauses im Westen der Stadt gehen. Es ist kühl und riecht nach Beton. Die Neonlampe an der Decke wirft ein grelles Licht auf den Boden. Einige Plätze in der Garage sind besetzt. Vor einem freien Garagenplatz bleiben die beiden stehen, und Thomas Egli nimmt den Bauplan der Tiefgarage aus dem Rucksack. Der Architekt vertritt die Wohnbaustiftung Russen, die Eigentümerin des Mehrfamilienhauses einschliesslich der Garagenplätze ist. Reto Steingruber ist Verkaufsberater Mobilität bei den St.Galler Stadtwerken (sgsw). Gemeinsam wollen die beiden an diesem Nachmittag die Möglichkeiten für neue E-Ladestationen ausloten. Die anstehende Sanierung der Tiefgarage, ausgelöst durch neue Brandschutzvorschriften, bietet die perfekte Gelegenheit, eine Ladeinfrastruktur zu installieren und die Beleuchtung zu modernisieren. «Wir haben kürzlich in einer anderen Siedlung ebenfalls Ladelösungen für Elektrofahrzeuge eingebaut und schon damals mit den St.Galler Stadtwerken zusammengearbeitet», sagt Thomas Egli. «Das lief sehr partnerschaftlich und das würden wir gerne wiederholen.»
Bei einer Erstberatung wie dieser trifft sich Reto Steingruber immer vor Ort mit den Interessenten. «Dann können wir direkt schauen, was überhaupt möglich ist, und gleichzeitig über die finanziellen Fördermassnahmen sprechen», sagt der 27-Jährige und fügt an, dass die kantonale Förderung für bestehende Tiefgaragen gilt, also für all jene, die vor 2021 gebaut wurden, wobei der Termin der Baueingabe respektive Baubewilligung gilt. Pro Parkplatz gibt es 300 Franken Zuschuss. Damit die Förderung greift, müssen allerdings mindestens vier Ladestationen installiert werden. Das ist ganz im Sinne von Thomas Egli.
Die Wohnbaustiftung Russen möchte etwa zehn Prozent der insgesamt 99 Tiefgaragenplätze mit einer Elektro-Ladestation ausstatten. «Wichtig ist uns vor allem eine gute Vorbereitung und Grundlage, damit wir flexibel bleiben und nachrüsten können», sagt er. Reto Steingruber nickt und schaut sich in der Garage um. Für ihn ist rasch klar: «Ein Flachbandkabel wäre hier optimal.» Diese Grundinstallation garantiert eine hochwertige Ladeinfrastruktur, welche bei Bedarf rasch und unkompliziert erweitert werden kann. Angebracht werden könnte das Flachbandkabel an der hinteren Wand entlang der Autoabstellplätze. «Dies sollte ohne grossen Aufwand möglich sein», sagt der Verkaufsberater, nachdem er sich die Betonwand näher angeschaut hat.
Bereits für ein anderes Projekt haben wir mit den sgsw zusammengearbeitet. Das lief sehr partnerschaftlich und das würden wir gerne wiederholen.
Alles aus einer Hand
Reto Steingruber arbeitet seit bald drei Jahren in der Abteilung Mobilität der sgsw. Er und seine Teamkollegen beraten sowohl Privatpersonen und Liegenschaftsbesitzerinnen und -besitzer als auch Verwaltungen und Unternehmen bei der Wahl der passenden Ladelösungen für Elektrofahrzeuge. «Die Nachfrage steigt, und wer eine Ladestation im Haus hat, profitiert langfristig davon», ist er überzeugt. Der gelernte Elektroinstallateur, der sich zum Energie- und Umwelttechniker HF weitergebildet hat, leitet Projekte und koordiniert die Installationsarbeiten der Ladestationen. «An meinem Beruf mag ich vor allem die Abwechslung und den Kontakt mit Menschen.» Manchmal habe er vier Verkaufsgespräche in einer Woche, manchmal nur eines. Manchmal fänden sie vor Ort statt, manchmal am Telefon. Und dazwischen gibt es einiges an administrativer Arbeit. Der Betrieb der Ladestationen gehört auch zu den Teilaufgaben des Beraters. «Wird bei einem Objekt eine Erweiterung der Ladestationen gewünscht, übernehmen wir die technologische Verknüpfung und Aufschaltung.»
E-Parkplätze steigern Immobilienwert
Der Verkaufsberater hat viel zu tun, da immer mehr Menschen auf elektrisch betriebene Fahrzeuge wechseln. Ein Trend, der auch die Immobilienbranche beeinflusst. Für Eigentümerinnen und Eigentümer von Mietobjekten wird das Angebot von E-Parkplätzen zunehmend zu einem Attraktivitätsmerkmal. «Bei Neuvermietungen ist es ein wichtiges Thema, aber auch bestehende Mieterinnen und Mieter verlangen immer öfters nach Lademöglichkeiten», weiss Thomas Egli. Bei Mehrfamilienhäusern ist der Einbau von E-Ladestationen besonders anspruchsvoll, da hier mehrere Parteien denselben Anschluss für ihr Elektroauto nutzen möchten. «Deshalb müssen bereits im Vorfeld wichtige Details zu Auslastung, Infrastruktur, Unterhalt und Betrieb geklärt werden», erklärt Reto Steingruber und fügt an: «Bei uns erhalten Eigentümerschaft und Mietende alle Dienstleistungen aus einer Hand.»
Bei uns erhalten Eigentümerschaft und Mietende alle Dienstleistungen aus einer Hand.
Um es beiden so einfach wie möglich zu machen, setzen die sgsw auf ein flexibles Modell: Sind Interessierte förderberechtigt, verkaufen die sgsw die Ladestationen zunächst an die Liegenschaftsbesitzenden und kaufen sie dann zurück. So können sie die Ladestationen direkt an die Mieterinnen und Mieter vermieten oder verkaufen. Allerdings empfehlen die sgsw, die Ladestation zu mieten, da sie sonst bei einem Auszug wieder verkauft oder mitgenommen werden müssen. «Die gesamte Abrechnung läuft über uns», sagt der Verkaufsberater. «Dadurch hat die Eigentümerschaft keinen administrativen Aufwand und es bezahlen nur jene Mieterinnen und Mieter, die auch eine E-Ladestation nutzen.» Die Grundinvestition und das Lastmanagement werden so verteilt, dass es in den Wohnungen nicht spürbar ist und die verfügbare Energie intelligent aufgeteilt wird. Dabei haben Wohnungen immer Priorität, wie der Verkaufsberater betont. Das Lastenmanagement verhindert, dass Sicherungen herausfliegen oder teure Netzverstärkungen nötig werden. «So wie die Ladeinfrastruktur kann auch das Lastmanagement ausgebaut werden», sagt Reto Steingruber.
Zweite Begehung mit dem Elektriker
Während die beiden weiter durch die Tiefgarage gehen, möchte Thomas Egli wissen, ob für die Installation der Ladestationen die Hausanschlussleitung erweitert werden muss. Der Verkaufsberater beschwichtigt: «Das klären wir beim nächsten Termin mit dem Elektriker.» Dabei werde die bestehende Infrastruktur geprüft und zeitgleich abgeklärt, ob Anpassungen nötig seien. Falls ja, gebe es eine pauschale Kostenschätzung pro Kilowatt, wobei die sgsw einen Pauschalbetrag pro Kilowatt Leistungserhöhung verrechnen. «Meistens genügt jedoch die aktuelle Verkabelung», sagt er.
Thomas Egli ist mit der ersten Begehung zufrieden und faltet den Bauplan wieder zusammen. Bevor die beiden die Tiefgarage durch die schwere, elektrische Schiebetüre verlassen, halten sie die nächsten Schritte fest: Zunächst wird ein Termin mit dem Elektriker abgemacht und dann eine detaillierte Offerte erstellt, die alle nötigen Arbeiten, inklusive Elektroinstallation, umfasst – organisiert von den sgsw. Danach wird die Wohnbaustiftung den definitiven Entscheid fällen. Beide sind zuversichtlich, dass noch in der zweiten Jahreshälfte mit der Installation der E-Ladestation begonnen werden kann.
