Als Abteilungsleiter Materialwirtschaft und Einkauf ist Aldo Senn für die Beschaffung und Bewirtschaftung aller Materialien der St.Galler Stadtwerke zuständig. Dazu gehört auch jegliches Material zum Unterhalt der Netze für Wasser, Gas, Elektrizität und Telecom. Eine vorausschauende Planung sorgt dafür, dass die Versorgungssicherheit gewährleistet ist.
Von breiten Wasser- und Gasrohren bis hin zum feinsten Mikrokabel für das Glasfasernetz: Als Abteilungsleiter Materialwirtschaft und Einkauf sind Sie für die Beschaffung und Bewirtschaftung aller Materialien der St.Galler Stadtwerke verantwortlich. Wie stellen Sie sicher, dass immer genügend Material an Lager ist?
Anhand einer Datenbank überprüfen wir jeden Tag die Lagerbestände: Bei den Produkten, die unter den Mindestbestand gefallen sind, lösen wir umgehend Bestellungen aus. Versorgungssicherheit hat höchste Priorität, damit bei Notfällen oder Störungen genügend und das richtige Material an Lager ist. Damit wir die besten Produkte zu einem möglichst tiefen Preis erhalten, betreiben wir regelmässig Marktanalysen und führen Preisverhandlungen mit den Lieferanten durch. Kabeleinkäufe erfordern separate Preisverhandlungen, denn der Preis der Stromkabel hängt aufgrund des hohen Kupferanteils stark vom aktuellen Marktpreis des Metalls ab und unterliegt deshalb monatlichen Schwankungen. Mit anderen Schweizer Elektrizitätswerken haben wir eine Einkaufsvereinigung gegründet und pflegen einen nationalen Erfahrungsaustausch. Gegenseitig weisen wir uns so auf allfällige Materialknappheiten hin, um den Einkauf vorausschauend planen zu können. Flexibilität und vorausschauende Planung sind wichtige Pfeiler unserer Arbeit.
Seit 14 Jahren leitet Aldo Senn die Abteilung Materialwirtschaft und Einkauf, welche die Netze der sgsw in den Bereichen Wasser, Gas, Elektrizität und Telecom mit den entsprechenden Materialen ausrüstet. Auch die Beschaffung aller Büromöbel und Fahrzeugflotten sowie die Bewirtschaftung der internen Tankstellen gehören zu seinem Verantwortungsbereich. Bevor Aldo Senn zu den St.Galler Stadtwerken stiess, war er u.a. während zehn Jahren stellvertretender Leiter Einkauf und Logistik bei StadlerRail. Beim Thurgauer Unternehmen für Schienenfahrzeuge betreute Senn die Einkäufe für Grossprojekte wie Glacier Express, Bernina Express oder die Intercity-Doppelstockzüge.
Wandern, Walken und Weine: Diesen Leidenschaften widmet sich Aldo Senn in der Freizeit. Gelegenheit zur Weinverkostung hat der 58-Jährige in seiner Wahlheimat Italien, wo er sich regelmässig am Gardasee aufhält. Aldo Senn ist auch politisch engagiert: In seiner Wohngemeinde Degersheim bestimmt er als Gemeinderat und aktuell als Gemeinde-Vizepräsident seit zwölf Jahren die Geschicke der Gemeinde mit.
Mit Ihrem Team rüsten Sie die Netze im Bereich Wasser, Gas, Elektrizität und Telecom aus. Welche Materialien beschaffen Sie und wo kommen diese zum Einsatz?
Pro Jahr nehmen wir rund 2000 Bestellungen für mehrere Tausend Artikel entgegen. Unter den Produkten sind kleinste Elektroteile für das Stromnetz, Speedpipe-Rohre für das Glasfasernetz sowie diverse Kunststoffrohre für Gas- und Wasserleitungen, Betonfaserrohre für Wasserleitungen oder Absperrschieber für Rohrleitungen. Zum Grundbestand gehören auch zahlreiche Kabel für Nieder- und Mittelspannung. Bei Störungen ist es wichtig, dass wir alle unterschiedlichen Kabel an Lager haben. Weitere Produkte, die häufig bestellt werden, sind Sicherungen und Leuchtmittel oder Zähler-Anschlüsse und Kabelverteilkästen.
Ihre Abteilung ist auch für den internen Materialtransport zuständig. Welche Dienstleistungen übernehmen Sie hier?
Wir koordinieren und erledigen den Transport aller Materialien auf die Baustellen. In meinem siebenköpfigen Team arbeiten neben den Lager- und Büromitarbeitern zwei Chauffeure. Diese beliefern die Baustellen mit Kabeln, Rohren für Wasserleitungen oder Beleuchtungsmaterial wie Lichtmasten. Die Retouren und die Entsorgung des Materials fallen ebenfalls in unseren Aufgabenbereich: Die Wiederverwertung von Kupfer, das Recycling von Metall und Kunststoff oder die Entsorgung von Lampen und Leuchtmitteln.
Den langen Lieferfristen steht oft die Kurzfristigkeit der Materialbedürfnisse sowie der Bauprojekte gegenüber.
Was sind die Herausforderungen bei der Beschaffung und Bewirtschaftung von Netz-Materialien?
Den langen Lieferfristen steht oft die Kurzfristigkeit der Materialbedürfnisse sowie der Bauprojekte gegenüber: Beim Beginn einer Baustelle muss die Beschaffungszeit des Materials berücksichtigt werden, denn je nach Produkt kann diese mehrere Monate betragen. Einerseits fehlt manchmal das Bewusstsein dafür, dass Bestellungen Zeit brauchen, andererseits hängen Bautätigkeiten von vielen Faktoren wie dem Wetter oder politischen Entscheiden ab. Auch kommt es immer wieder vor, dass sich auf einer Baustelle erst nach dem Start zeigt, welche Materialien benötigt werden, denn je nach Bodenbeschaffenheit beispielsweise kommen unterschiedliche Geräte zum Einsatz.
Global gesehen sind es die langen Lieferfristen vieler Produkte, die seit der Pandemie unsere Arbeit erschweren. Geopolitische Entwicklungen wirken sich direkt auf die Versorgungssicherheit aus. Durch unterbrochene Lieferketten aufgrund des Ukraine-Krieges oder des langen Lockdowns in China waren manche Artikel zeitweise gar nicht mehr oder nur zu sehr hohen Preisen verfügbar, darunter Halbleiter-Chips oder Kabelstränge zur Verbindung von Fahrzeug und Steuergerät. Krisen wirken sich langfristig auf die Bestellungen aus und führen uns die globalen Zusammenhänge der Produktionsketten vor Augen. Die Lieferzeit für Standardkabel zum Beispiel erhöhte sich von einer Woche auf bis zu vier Wochen. Auch Trends in einzelnen Ländern haben einen Einfluss auf das Material: Als die USA in den Glasfasermarkt investierten, wurden kleine Kernfasern weltweit knapp.
Welche Motivation treibt Sie bei Ihrer Arbeit an?
Für die Versorgungssicherheit und Infrastruktur der Stadt St.Gallen mitverantwortlich zu sein, empfinde ich als sehr sinnstiftend. Damit die Bevölkerung jeden Morgen den Wasserhahn aufdrehen und frisches Leitungswasser trinken oder die Sonnenenergie auf dem Dach mit Solarmodulen nutzen kann, muss im Hintergrund vieles funktionieren. Es ist ein gutes Gefühl, Teil von diesen Dienstleistungen, die wir oft als selbstverständlich betrachten, zu sein.