Die sgsw sind mit 20 Prozent am Rechenzentrum Ostschweiz (RZO) in Gais beteiligt. Unternehmen und Institutionen können hier ihre Server und Daten lagern. Gazmend Meziu betreut die Kundschaft der sgsw. Im RZO hat die Sicherheit höchste Priorität. Wer rein will, muss sich anmelden, ausweisen und mehrere Kontrollsysteme durchlaufen.
Gazmend Meziu steht am Sicherheitszaun vor dem Rechenzentrum Ostschweiz (RZO) in Gais. Er klingelt, bestätigt seinen zuvor angekündigten Besuch. Langsam rollt das Tor zur Seite und der 38-Jährige geht weiter bis zum Eingang. Hier legt er seine Hand auf ein Gerät. Die Tür öffnet sich. «Hallo Gazmend, schön dich zu sehen», wird er vom Mann am Empfang begrüsst. Gazmend Meziu lacht. Er wechselt ein paar Worte mit ihm und gibt ihm die Personalausweise der Gäste. «Nur wer sich ausweisen kann, kommt hier hinein», sagt er und hält daraufhin ein weiteres Mal seine Hand auf ein Gerät. Es piepst und die nächste Tür öffnet sich.
Etwa zwei bis drei Mal pro Woche ist Gazmend Meziu im RZO anzutreffen. Als Key Account Manager betreut er bei den St.Galler Stadtwerken (sgsw) jene Kundinnen und Kunden, die ihre Daten im RZO aufbewahren sowie Interessierte, die es in Zukunft gerne tun möchten. Das im Jahr 2018 eröffnete Rechenzentrum im Gaiser Industriequartier ist ein spezialisiertes Gebäude, in dem Unternehmen und öffentliche Institutionen ihre Server, Speicher und Netzwerkkomponenten lagern können. Initiiert und gebaut wurde es von den St.Gallisch-Appenzellischen Kraftwerken (SAK), die auch 80 Prozent der in der Folge gegründeten Aktiengesellschaft innehaben. Die sgsw sind zu 20 Prozent an der Rechenzentrum Ostschweiz AG beteiligt. Damit bieten auch sie ihren Kundinnen und Kunden die Möglichkeit, von dieser hochverfügbaren, sicheren und zuverlässigen IT-Infrastruktur zu profitieren.
Elektrozaun, Videoüberwachung und Handvenenscan
Die Sicherheitsvorkehrungen im RZO sind sehr hoch. Die gesamte Anlage ist durch einen elektronisch überwachten Zaun gesichert. Sie wird innen wie aussen mit Video überwacht und der Zutritt ist nur über Schleusen und ein biometrisches Verfahren, dem Handvenenscanner, möglich. Dabei wird die Hand mit der Innenfläche auf ein Gerät gelegt, das das Venenmuster der Person erfasst und dieses gemäss abgespeicherten Daten identifiziert. «Wir müssen wissen, wer zu welchem Zeitpunkt im Gebäude ist oder war», sagt Gazmend Meziu. «Wir wollen unserer Kundschaft maximale Sicherheit bieten.»
Gazmend Meziu arbeitet seit gut einem Jahr für die sgsw. Der Key Account Manager ist sowohl für die Kundenbetreuung als auch für die Vermarktung des RZO und des städtischen Glasfasernetzes verantwortlich. Der gelernte Mediamatiker war zuvor in verschiedenen Vertriebsfunktionen tätig. Als ihm die ausgeschriebene Stelle bei den sgsw empfohlen wurde, zögerte er nicht und bewarb sich. Er bekam die Zusage und zügelte mit seiner Familie vom Rheintal zurück nach St.Gallen. «Ich bin sehr glücklich, nach über sieben Jahren wieder in der Stadt St.Gallen arbeiten und wohnen zu dürfen.»
Wir wollen unseren Kundinnen und Kunden maximale Sicherheit bieten.
Ins RZO kommt er meistens mit Vertreterinnen und Vertretern von Unternehmen, die an einer Auslagerung ihrer IT-Infrastruktur interessiert sind. Nach dem Sicherheitscheck geht er mit ihnen zunächst in den ersten Stock des dreigeschossigen Gebäudes, wo sich eine grosse Lounge mit mehreren modernen Besprechungskojen befindet. Eine Glasfront lässt den Blick frei für die Appenzeller Berge. «Gais wurde als Standort für das RZO gewählt, weil es ein ziemlich erdbebensicherer Ort ist und man dank der erhöhten Lage Energie bei der Kühlung sparen kann», sagt Gazmend Meziu. Als weitere Vorteile des Rechenzentrums zählt er auf: sichere Stromversorgung, genug Platz, hohe Sicherheit und eine mehrfache glasfaserbasierte Anbindung. Nach fünf Jahren Betriebszeit sind beim RZO über 100 Unternehmen eingemietet.
Vergitterte Racks, blinkende Lichter und bunte Kabel
Im Datacenter können Unternehmen und Institutionen Schränke, sogenannte Racks, oder Flächen, die auch Rack Lounges genannt werden, mieten. Insgesamt stehen zwei Mal 150 Racks zur Verfügung. «Wir sind zurzeit gut ausgelastet», sagt Gazmend Meziu. Der Zugang zum Serverraum erfolgt wieder über die biometrische Kontrolle. Das Lämpchen wechselt von Rot auf Grün und der sgsw-Mitarbeitende stösst die Tür auf. Im Serverraum legt er seine Hand ein weiteres Mal auf den Venenscanner. «Ab jetzt haben die Kundinnen und Kunden zwei Minuten Zeit, um zu ihrem Schrank zu gehen und ihn zu öffnen.» Gelinge ihnen das nicht, werde der Zugang wieder versperrt, was ebenfalls Teil des hohen Sicherheitsstandards sei.
Nebst den vielen vergitterten Racks, den blinkenden Lichtern und bunten Kabeln ist es vor allem eines, das beim Gang durch den Serverraum auffällt: die Wärme. «Die vielen Rechner produzieren viel Wärme», sagt Gazmend Meziu. «Aber wir haben ein energieeffizientes Kühlsystem, das die Kühlung der Server jederzeit sicherstellt.» Mit der anfallenden Abwärme werden in der benachbarten Bergkäserei pro Jahr rund 18 Millionen Liter Milch erhitzt, um daraus etwa 1'800 Tonnen Käse zu produzieren. «Wer Käse von hier isst, muss aufpassen: Er kann Spuren von Daten enthalten», sagt er mit einem Augenzwinkern. Zudem ist das Rechenzentrum auch ein Photovoltaik-Kraftwerk und produziert mit den Solarpanels auf dem Dach jährlich rund 230’000 Kilowattstunden Energie für den Eigengebrauch. Dank der effizienten Kühlung, der modernen Stromausfallsicherheit (Flywheels) und der Photovoltaik-Anlage wird ein Energieeffizienzwert von 1,15 erreicht – der Schweizer Durchschnitt liegt bei 1,6. Die Energiekosten im RZO fallen vergleichsweise tiefer aus.
Mit der anfallenden Abwärme werden in der benachbarten Bergkäserei pro Jahr rund 18 Millionen Liter Milch erhitzt, um daraus etwa 1'800 Tonnen Käse zu produzieren.
Zwei Dieselmotoren für den Notfall
Zum Schluss des Rundgangs führt er seine potenziellen Kundinnen und Kunden ins Untergeschoss, wo sich die automatische Stickstoff-Lösch-Anlage und zwei leistungsfähige Dieselaggregate befinden, die bei einem Stromausfall den gesamten Betrieb aufrechterhalten können. Das RZO ist auf der Sicherheitsstufe Tier-IV zertifiziert und erreicht damit den höchsten Verfügbarkeitsstandard von beinahe 100 Prozent. «Das Gebäude ist bis zu jedem einzelnen Rack komplett redundant erschlossen», sagt Gazmend Meziu. «Somit ist eine vollumfängliche Energieversorgung gesichert – auch dann, wenn einer der beiden Stromkreise unterbrochen sein sollte.» Bisher sei dies noch nie vorgekommen und er hoffe, dass dies auch in Zukunft so bleibe, sagt er und verlässt das Untergeschoss in Richtung Ausgang, wo er für diesen Tag zum letzten Mal seine Handvenen scannt.
