Das St.Galler Trinkwasser hat eine hervorragende Qualität und kann direkt aus dem Wasserhahn getrunken werden. Eine sorgfältige Aufbereitung im Seewasserwerk Frasnacht und regelmässige Kontrollen durch die Mitarbeitenden der Qualitätssicherung der St.Galler Stadtwerke garantieren, dass dies auch in Zukunft so bleibt.
Das ist Susanne Geywitz noch nie passiert. Vor wenigen Tagen hat sich bei der Mikrobiologin, die bei den St.Galler Stadtwerken (sgsw) für die Qualitätssicherung des Trinkwassers zuständig ist, eine St.Gallerin gemeldet und sich für das gute Trinkwasser in der Stadt bedankt. «Sie hat mir erzählt, dass sie in Basel wohnt, aber regelmässig nach St.Gallen kommt und dann jeweils ein paar Flaschen mit unserem Trinkwasser mit nach Hause nimmt», sagt Susanne Geywitz und lacht. Ein schöneres Kompliment kann sie sich für das St.Galler Trinkwasser nicht vorstellen. Und dieses Trinkwasser ist tatsächlich ein Premiumprodukt von höchster Qualität. «Es gibt praktisch keine Keime in unserem Trinkwasser. Das bestätigen uns die regelmässigen Untersuchungen immer wieder», sagt sie.
Das St.Galler Trinkwasser stammt zu 100 Prozent aus dem Bodensee, wo bereits das Rohwasser eine sehr gute Qualität aufweist. Grund dafür ist der Hauptzufluss, der Rhein, der als Voralpenfluss äusserst arm an Schad- und Nährstoffen ist. Das ändert sich auch nicht wesentlich, wenn es in den Bündner Bergern oder im St.Galler Rheintal einmal heftig regnet und der Rhein Hochwasser führt und dadurch viel Schwebstoffe und Schwemmholz in den Bodensee gelangen. So wie letztmals im vergangenen August. «Solche Ereignisse haben keinen Einfluss auf die Qualität unseres Trinkwassers», sagt Susanne Geywitz. Meistens schiesse das Wasser samt Geröll zunächst auf die andere Seeseite und verteile sich dann im riesigen Becken Bodensee. Schwebstoffe sinken ab und natürliche organische Stoffe werden abgebaut. «Unser Rohwasser kommt aus 60 Metern Tiefe, da spielen solche oberflächlichen Strömungen keine grosse Rolle.»
Komplexe Trinkwasser-Aufbereitung
Das Seewasser wird zwischen Arbon und Egnach entnommen und gelangt dann über eine 1,5 Kilometer lange Leitung ins Seewasserwerk Frasnacht, das in Besitz der Regionalen Wasserversorgung St.Gallen AG (RWSG) ist. Die Geschäfts- und Betriebsführung der RWSG liegt bei den sgsw. Im Werk wird das Rohwasser in einem mehrstufigen Verfahren zu Trinkwasser aufbereitet. Ein Prozess, der vorwiegend während der Nacht stattfindet. Zunächst wird das Wasser mit Ozon voroxidiert. Danach werden Trübstoffe mittels Schnellinfiltration über Quarzsand und Bims entfernt. In der Folge kommt es zu einer weiteren Oxidation mit Ozon, wodurch Mikroorganismen abgetötet werden.
Bei der anschliessenden biologischen Aktivkohlefiltration werden nochmals Schadstoffe entfernt. Seit 2017 wird das St.Galler Wasser nicht mehr mit Chlor desinfiziert. «Dank der sehr guten Qualität des Seewassers und dem hohen Standard bei der Aufbereitung kann darauf verzichtet werden, ohne dass es in irgendeiner Weise zu einer schlechteren Qualität führt», sagt die Mikrobiologin. Nach der Aufbereitung wird das Trinkwasser mittels riesiger Pumpen und Rohre in die Transportleitungen gedrückt und an die zwölf Partnergemeinden der RWSG verteilt. Dazu gehört auch die Stadt St.Gallen. Durchschnittlich werden pro Tag über 20 000 Kubikmeter Trinkwasser nach St.Gallen gepumpt, wobei viele Kilometer zurückgelegt und einige Höhenmeter überwunden werden müssen.
Chemikalien, Mikroplastik und Quagga-Muscheln
Das Aufbereitungsverfahren im Seewasserwerk Frasnacht unterliegt strengsten Qualitätsvorschriften. Vor Ort ist Rolf Bügler verantwortlich. Der Anlagenwart und Betriebselektriker der sgsw kontrolliert die verschiedenen Anlagen, Leitungen und Pumpen. «Viele Messungen finden automatisch statt», sagt er, «aber ich muss die Temperatur, den pH-Wert oder die Trübung immer im Auge behalten.» Susanne Geywitz hingegen hat ihren Arbeitsplatz in der Stadt St.Gallen. Sie oder ihre Mitarbeiterin kommen wöchentlich ins Seewasserwerk, um Proben zu entnehmen, die sie dann zur mikrobiologischen und chemischen Analyse ins Kantonale Labor bringen.
In der Schweiz ist die hygienische Beschaffenheit des Trinkwassers strikt geregelt. Bakterienkeime dürfen nur in geringen Mengen vorkommen (höchstens 300 koloniebildende Einheiten pro Milliliter im Verteilnetz), Fäkalbakterien dürfen in 100 Milliliter nicht nachweisbar sein. Die mehrstufige Aufbereitung im Seewasserwerk sorgt dafür, dass sich nur geringe Konzentrationen von Nährstoffen im Wasser befinden. Dadurch wird das Wachstum der Bakterien stark eingeschränkt. Von den 514 Wasserproben, die die sgsw im Jahr 2022 mikrobiologisch untersuchten, haben keine die gesetzlichen Vorgaben überschritten.
Seit vergangenem Jahr wird in der ganzen Schweiz das Trinkwasser auch auf die Chemikalien der PFAS-Gruppe untersucht. Auslöser war der Vorfall bei einem Verpackungsunternehmen in Goldach vor zwei Jahren, als ein perfluoroctansulfonsäure-haltiger Löschschaum in den Bodensee geriet. Die Befürchtung, das Trinkwasser sei dadurch ebenfalls verschmutzt worden, konnten Laboruntersuchungen nicht bestätigen. Trotzdem finden diese Analysen jetzt regelmässig statt. «PFAS gehört zu jenen Chemikalien, die sich niemals in der Natur abbauen werden, sogenannte ewige Chemikalien», erklärt die Expertin. Man finde diese Chemikalien schon an vielen Orten in der Welt, auch in der Antarktis. Kontrollen seien deshalb wichtig. «In unserem Trinkwasser haben wir aber bisher nur sehr geringe Spuren derartiger Chemikalien nachweisen können.»
Ähnlich sieht es beim Mikroplastik aus. Ein Thema, das in der Öffentlichkeit breit diskutiert wird. «Hier haben wir bislang keine Anzeichen in unserem Trinkwasser finden können», sagt Susanne Geywitz. Auch die Quagga-Muschel, die sich in den vergangenen Jahren stark in den hiesigen Gewässern verbreitet hat, sieht die Expertin nicht als Gefahr. «Die Larven der Quagga-Muschel überleben das Aufbereitungsverfahren nicht. Allerdings sind sie ein Problem für die technischen Einrichtungen, da sie gerne in den Rohren und an den Fassungskörben wachsen.» Deshalb müssten die Rohre überwacht, die Körbe regelmässig gereinigt und ausgewechselt werden.
Dass wir Wasser aus dem Brunnen oder direkt aus dem Leitungshahn trinken können, ist wirklich ein Luxus.
Ein Luxusprodukt
Nebst dem Seewasserwerk Frasnacht kontrollieren die Mikrobiologin und ihre Mitarbeiterin auch einmal in der Woche das Trinkwasser in den Reservoirs und Brunnen auf Stadtgebiet. «Das Wasser ist auch hier einwandfrei», sagt sie. Die meisten St.Galler Brunnen werden mit Leitungswasser gespiesen, das ohne Bedenken getrunken werden kann. Lediglich sieben der insgesamt 110 Brunnen, die von den sgsw unterhalten werden, enthalten kein Trinkwasser, da sie mit einer Umwälzungspumpe betrieben werden. Diese Brunnen sind speziell mit dem Hinweis «Kein Trinkwasser» versehen. «Dass wir Wasser aus dem Brunnen oder direkt aus dem Leitungshahn trinken können, ist wirklich ein Luxus», sagt Susanne Geywitz und fügt mit einem Augenzwinkern an: «Es ist wahrscheinlich sauberer als das Trinkwasser aus abgefüllten Plastikflaschen.»