Susanne Geywitz ist Leiterin Qualitätssicherung Wasser bei den St.Galler Stadtwerken (sgsw). Sie überwacht und dokumentiert die Qualität des St.Galler Trinkwassers mit regelmässigen Kontrollen. Dabei hat sie auch neue Herausforderungen wie die sogenannten Ewigkeitschemikalien (PFAS) im Blick. Im Interview erklärt sie, wie sich die Qualität des Wassers entwickelt – und was nötig ist, um sie auch in Zukunft zu sichern.
Was unterscheidet das St.Galler Trinkwasser qualitativ von anderen Regionen?
Unser Trinkwasser stammt zu 100 Prozent aus dem Bodensee. Da der Bodensee überwiegend mit Wasser aus den Alpen gespiesen wird, zählt man ihn zu den Alpenseen. Das Gebiet, aus dem das Wasser in den Bodensee fliesst, ist kaum landwirtschaftlich genutzt. Das wirkt sich positiv auf unsere Wasserqualität aus. Dank der Nachrüstung der Kläranlagen in den letzten Jahrzehnten konnte auch der Nährstoffeintrag – also der Eintrag von Stoffen wie Phosphor und Stickstoff, die etwa aus Abwasser oder Düngemitteln stammen – deutlich gesenkt und beinahe wieder auf natürliche Werte zurückgeführt werden. Das Wasser ist im unteren Bereich des Härtegrads «mittelhart», wodurch keine Enthärtungsanlagen im Haushalt notwendig sind. Auch Aktivkohlefilter sind nicht erforderlich. Laboranalysen bestätigen regelmässig die einwandfreie Qualität des St.Galler Trinkwassers. Kurzum: Trinkwasser aus dem Bodensee ist ein Premiumprodukt.

Wie wird die Qualität des St.Galler Trinkwassers geprüft?
Als Versorgungsunternehmen ist uns bewusst, wie zentral Wasser für den Alltag ist. Wir nehmen diese Verantwortung ernst – Tag für Tag. Die Wasseraufbereitung wird laufend überwacht. Wöchentlich werden mikrobiologische Proben entnommen – sowohl direkt im Seewasserwerk, wo das Trinkwasser aufbereitet wird, als auch an verschiedenen Stellen wie Brunnen und Reservoirs auf Stadtgebiet. Monatlich analysieren wir zudem die wichtigsten chemischen Parameter. Die Ergebnisse sind öffentlich zugänglich auf trinkwasser.ch.
Als Versorger ist uns bewusst, wie zentral das Wasser für den Alltag ist. Wir nehmen diese Verantwortung ernst – Tag für Tag.
Ewigkeitschemikalien ist die umgangssprachliche Bezeichnung für per- und polyfluorierte Alkylverbindungen (PFAS). Diese rund 14'000 Substanzen sind extrem stabil, nicht abbaubar und bereits weltweit in der Umwelt nachweisbar. Kurzkettige Verbindungen lösen sich leicht im Wasser und können sich schnell verbreiten. Sie werden in vielen Alltagsprodukten eingesetzt – etwa in Pfannenbeschichtungen, Löschschaum, Textilien, Verpackungen oder Skiwachs. Einige dieser Verbindungen gelten als gesundheitsgefährdend. Ein besonders weit verbreitetes Molekül ist Trifluoressigsäure (TFA), das sich über Luft und Regen global verteilt. Etwa die Hälfte davon entsteht durch den Abbau fluorhaltiger Pflanzenschutzmittel. Die EU plant, die gesundheitlichen Auswirkungen von TFA bis 2026 abschliessend zu bewerten.
In den Medien ist aktuell immer wieder von «Ewigkeitschemikalien» die Rede. Welche Rolle spielen diese Stoffe in Bezug auf die Trinkwasserversorgung der Stadt St.Gallen?
Auch im Bodensee sind PFAS-Verbindungen nachweisbar. Unsere aktuelle Aufbereitungstechnologie ist – wie bei vielen Versorgern – nicht speziell auf diese Stoffe ausgerichtet. Die gemessenen Werte sind aktuell weit von den in der Trinkwasserverordnung definierten Höchstwerten entfernt. Für TFA, das kleinste PFAS-Molekül, für das noch keine Höchstwerte definiert wurden, laufen zurzeit in der EU toxikologische Abklärungen. Wir beobachten die Entwicklung aufmerksam und untersuchen die Werte jährlich. Als Mitglied der Fachverbände SVGW (Fachverband für Wasser, Gas und Wärme) und AWBR (Arbeitsgemeinschaft Wasserwerke Bodensee-Rhein) setzen sich die sgsw für ein Verbot von nicht essenziellen PFAS ein, damit wir die Bevölkerung auch in Zukunft mit qualitativ einwandfreiem Trinkwasser in ausreichender Menge versorgen können. Vorsorglicher Ressourcenschutz ist entscheidend, um die hohe Qualität unseres Trinkwassers auch in Zukunft zu gewährleisten.
Gibt es bereits konkrete Projekte, die der weiteren Sicherung der Trinkwasserqualität dienen?
Ja. Der Schutz unserer Wasserressourcen steht für die sgsw an erster Stelle. Neben unserem Engagement auf Verbandsebene arbeiten wir auch an technischen Lösungen: Im geplanten Seewasserwerk Riet II setzen wir auf moderne Technologien, die eine sichere Aufbereitung selbst bei unerwarteten Ereignissen im Bodensee ermöglichen. Dank neuer Filtertechnik und spülbaren Leitungen sind wir auch gegen die Quagga-Muschel gut gerüstet – eine invasive Art, die in vielen europäischen Seen Probleme verursacht.
Was möchten Sie den St.Gallerinnen und St.Gallern mitgeben, wenn sie Berichte über Trinkwasserverschmutzung lesen?
Informieren Sie sich sorgfältig und kritisch. Vermeiden Sie den Kauf von Produkten, die PFAS enthalten, und setzen Sie sich für den Schutz unserer Wasserressourcen ein – auch im Alltag und in gesellschaftlichen Entscheidungen. Die Qualität unseres Trinkwassers hängt längerfristig davon ab, wie wir mit unserer Umwelt umgehen. Je mehr Aufwand für die Reinigung nötig ist, desto höher werden auch die Kosten für uns alle.