Photovoltaikanlagen, Elektroladestationen und Wärmepumpen nehmen stetig zu. Um auch in Zukunft einen sicheren, leistungsfähigen und effizienten Netzbetrieb sicherzustellen, bauen die sgsw das Elektrizitätsnetz aus. Christian Koster ist Abteilungsleiter Netzengineering und schafft mit seinem Team die Grundlage für das zukünftige Elektrizitätsnetz.
Sie sind mit Ihrem Team für die Netzentwicklungsstrategie verantwortlich. Welches Ziel verfolgt die Strategie?
Das städtische Stromnetz steht vor grossen Herausforderungen, denn das Netz ist aktuell noch nicht für die Massnahmen der Energiewende ausgelegt. Die Strategie gibt vor, wie wir in den kommenden Jahrzehnten den Netzbetrieb sicherstellen können.
Die Dekarbonisierung in den Bereichen Energieversorgung und Mobilität ist das primäre Ziel der Energiestrategien von Bund und Kanton sowie des Energiekonzepts 2050 der Stadt St.Gallen. Wir führen Simulationen und Stresstests für die verschiedenen Ebenen des Stromnetzes durch und unsere Prognosen zeigen, dass sich die Lastspitzen bis 2050 verdoppeln. Diese Verdoppelung der maximalen Netzbelastung ist vor allem auf den stetigen Zubau von Photovoltaikanlagen, Elektroladestationen und Wärmepumpen zurückzuführen.
Um auch zukünftig einen sicheren, leistungsfähigen und effizienten Netzbetrieb sicherstellen zu können, sind beim Niederspannungsnetz Verstärkungen und beim Mittelspannungsnetz Spannungsumstellungen notwendig.

Seit Januar 2023 ist Christian Koster Abteilungsleiter Netzengineering. Der 34-Jährige ist für die strategische Netzplanung zuständig und legt beispielsweise mittels Software-Simulationen das städtische Stromnetz der Zukunft aus. Der Energie- und Umwelttechniker hat sein Masterstudium im Jahr 2016 abgeschlossen und 2018 die Stelle als Projektingenieur bei den St.Galler Stadtwerken angetreten. Zu seinen Hobbies gehören Bouldern und Surfen. Die Wellen bestimmen daher oft die Ferienziele. Zudem widmet sich Koster in seiner Freizeit der Handstand-Akrobatik. Diese exotische Disziplin bringt neben einem Ganzkörpertraining auch einen Perspektivenwechsel mit sich.
Wer ist an der Strategie beteiligt?
Die Umsetzung ist nur gemeinsam möglich: Alle Mitarbeitenden des Bereichs Netz Elektrizität und Telecom sowie Mitarbeitende aus anderen Bereichen sind an der Umsetzung beteiligt. Unsere Abteilung ist für die strategische Netzplanung zuständig; wir erarbeiten die technischen Vorgaben, die später in die Projektierung fliessen, also in konkrete Pläne überführt werden. Auf die Freigabe eines Projekts folgt die Umsetzungsphase durch die Teams in der Ausführung und die anschliessende Übernahme durch den Betrieb. Zum Beispiel sanieren unsere Netzelektriker dann Kabel und installieren neue Hausanschlüsse.
Welche Aufgaben führt Ihr Team im Netzengineering aus?
Unser Team besteht aktuell aus drei Personen. Andreas Lanz ist dabei für das Mittelspannungsnetz und Joël Zottele für das Niederspannungsnetz zuständig. Mir obliegen die weiteren Netzebenen und die strategische Netzplanung.
Wir führen Simulationen und Stresstests für die verschiedenen Ebenen des Stromnetzes durch, berechnen zukünftige Entwicklungen und leiten Massnahmen und Standards daraus ab, die wir dann an die Projektierung weitergeben. Zurzeit wird die Zielnetzplanung im Mittelspannungsnetz aktualisiert und darauf aufbauend das Konzept für die Spannungsumstellung erarbeitet. Im Niederspannungsnetz steht die Entwicklung des Monitoringkonzeptes an. Diverse Prozesse werden digitalisiert und das Monitoringsystem dient als Grundlage für die Erarbeitung eines Regel- und Steuerungssystems, um bei drohender Netzüberlast eingreifen zu können.
Die Projekte, die heute erarbeitet werden, müssen für einen langfristigen Zeithorizont ausgelegt sein.
Welche Projekte beschäftigen Sie aktuell?
Im «daily business» beschäftigt sich das Team meist mit internen Anfragen zu Netzberechnungen sowie technischen Abklärungen für andere Abteilungen.
Übergeordnet setzen wir uns intensiv mit der Planung der Netzentwicklungsstrategie auseinander. Ich plane und begleite die Dimensionierung verschiedener Betriebsmittel im Elektrizitätsnetz. Aktuell beschäftigt mich die parlamentarische Vorlage für den Kredit zur Umsetzung der Netzentwicklungsstrategie in den Jahren 2025 bis 2030. Nach dem parlamentarischen Prozess steht voraussichtlich dieses Jahr eine Volksabstimmung zu diesem Verpflichtungskredit an. Andreas Lanz aktualisiert die Zielnetzplanung für das Mittelspannungsnetz. Die Spannung wird voraussichtlich ab 2035 von 10 kV auf 20 kV erhöht, um die nötige Leistung bereitstellen zu können. Joël Zottele berechnet und erarbeitet Umsetzungsvorschläge für die punktuelle Verstärkung des Niederspannungsnetzes.

Welche Freuden und Herausforderungen begegnen Ihnen bei der Arbeit?
Die Lösungsfindung für ein zukunftsfähiges Netz ergibt sich Schritt für Schritt. Aufgrund der hohen Komplexität sowie Unklarheiten bezüglich regulatorischer, technologischer und gesellschaftlicher Entwicklungen wird die Strategie laufend aktualisiert. Unsere Aufgaben sind herausfordernd, aber gleichzeitig auch spannend und sinnstiftend, dies motiviert mich. Die Projekte, die heute erarbeitet werden, müssen für einen langfristigen Zeithorizont ausgelegt sein, denn viele Anlagen wie beispielsweise Trafostationen haben eine Lebensdauer von rund vierzig Jahren. Unsere Arbeit, die anschliessende Projektierung und Ausführung sowie der sichere Betrieb sorgen also dafür, dass das Stromnetz auch für zukünftige Generationen funktioniert.