Die St.Galler Stadtwerke beliefern die Bevölkerung und Wirtschaft nicht nur mit Elektrizität, Gas und Wärme, sondern auch mit Trinkwasser. Michele Carizzolo ist als Ressortleiter Projektierung des Bereichs Wasser, Gas und Wärme für die Erneuerung und Instandhaltung des Gas- und Wassernetzes verantwortlich. Aktuell erneuern die St.Galler Stadtwerke zwei Wasserleitungen am Marktplatz und auf dem Freudenberg.
«Die Wasserleitung, die am Marktplatz erneuert wird, ist unsere Stadt-Aorta», sagt Michele Carizzolo. Die breiten Leitungen mit einem grossen Durchmesser sind die Hauptschlagadern im verzweigten Wassernetz der Stadt und transportieren Wasser von den Aufbereitungsanlagen und Reservoirs in die verschiedenen Stadtteile. Schmalere Leitungen speisen das Wasser dann weiter in die Wohn- und Gewerbegebiete und die kleinsten Serviceleitungen führen direkt in die St.Galler Haushalte.
Trinkwasserspeicher Bodensee
Das St.Galler Trinkwasser stammt aus dem Bodensee. Es wird aus 60 Metern Tiefe entnommen und danach im Seewasserwerk Frasnacht zu Trinkwasser aufbereitet (siehe Beitrag Luxusgut Trinkwasser). Das Seewasserwerk Frasnacht gehört der Regionalen Wasserversorgung St.Gallen AG (RWSG), die Geschäfts- und Betriebsführung der RWSG liegt bei den St.Galler Stadtwerken. Nach der Aufbereitung des Wassers beliefert das Seewasserwerk die zwölf Partnergemeinden der RWSG, darunter auch die Stadt St.Gallen, über verschiedene Pumpwerke, Wasserreservoire und Leitungen mit Trinkwasser. Für die Verteilung des Trinkwassers auf Stadtgebiet sind anschliessend die St.Galler Stadtwerke zuständig.
In der Stadt gibt es drei Haupteinspeisepunkte, wovon zwei direkt vom Seewasserwerk Frasnacht versorgt werden: Das Pumpwerk Blumenbergplatz im Zentrum der Stadt und das Pumpwerk Geissberg im Westen. Die dritte Leitung pumpt das Wasser vom Hochdruckpumpwerk Riet II in Goldach nach St.Gallen Neudorf. Von den Pumpwerken wird das Trinkwasser dann in die verschiedenen Versorgungszonen der Stadt weitergeleitet. Die St.Galler Stadtwerke versorgen so rund 83‘000 Personen mit Trink-, Brauch- und Löschwasser. Im Durchschnitt verbraucht die Bevölkerung in der Stadt St.Gallen etwa 20’000 Kubikmeter am Tag, das sind rund 250 Liter pro Kopf – berücksichtigt ist dabei auch der Verbrauch von Industrie und Gewerbe.
Jede Baustelle wird koordiniert
Die neue Wasserleitung am Marktplatz, wo aktuell auch Fernwärmeleitungen verlegt werden, ist fast fertig, noch fehlt ein Hausanschluss für ein Restaurant. Dafür musste jedoch das Kinderfest abgewartet werden, so Michele Carizzolo. Der diplomierte Bautechniker ist für die Planung und Koordination sämtlicher Projekte der städtischen Wasserversorgung verantwortlich. Die Koordination der Bauvorhaben stelle eine Herausforderung dar, sagt Carizzolo. Einerseits aufgrund der Rahmenbedingungen wie Verkehr und Veranstaltungen, um die herum die Baustellen geplant werden müssen, andererseits wegen der zahlreichen und komplexen Bauvorhaben sowie der verschiedenen involvierten Stellen.
«Manchmal wird die Kritik laut, die vielen Baustellen in der Stadt St.Gallen seien nicht koordiniert. Doch wir koordinieren jede Baustelle. In den letzten 15 Jahren hat uns die Bevölkerung verschiedene Aufträge erteilt wie die Fernwärme-Ausbauphasen 1 und 2, die massive bauliche Aktivitäten mit sich gebracht haben. Einer der Gründe, weshalb die Arbeiten an einer Baustelle nicht immer zeitgleich ausgeführt werden können, ist, dass gewisse Leitungen in die Fahrbahn und andere ins Trottoir gehören», erklärt Carizzolo. In den letzten Jahren seien die Stadtwerke proaktiver auf Bevölkerung, Gewerbe und Anwohnerschaft zugegangen: «Wenn immer möglich berücksichtigen wir die Wünsche der Stadtbevölkerung», so der Ressortleiter.
Freudenberg: Eine Wasserleitung mitten durch den Wald
Neben der Leitung in der Innenstadt gibt es seit Mai eine weitere grössere Baustelle am Freudenberg, wo eine neue Wasserleitung verlegt wird. Im Durchschnitt beträgt die Lebensdauer einer Wasserleitung 70 Jahre – ausschlaggebend ist neben dem Rohrmaterial und der Rohrumhüllung auch die Qualität, wie die Leitung verlegt wurde. Gelbe Fähnchen im Wald weisen den Weg der Bohrachse, die von der Bitzistrasse neben dem Bubenweiher durch den Wald zum Reservoir Freudenberg führt.
Die Leitung ist rund 235 Meter lang und überwindet einen Höhenunterschied von 70 Metern. Bei Baustellen ist Michele Carizzolo als Projektleiter regelmässig vor Ort, um den Fortschritt zu überprüfen und sich mit den Baustellenleitenden auszutauschen. An der Bitzistrasse nimmt eine Partnerfirma die gesteuerte Bohrung für die Wasserleitung vor. Je nach Geologie ist das Vorhaben schwierig, denn der Bohrkopf muss die unterschiedlichen Gesteinsschichten durchdringen.
Wir koordinieren jede Baustelle.
Ein Klopfen und Grollen: Der Puls aus dem Bohrloch
An der Baustelle oben am Freudenberg sind Klopfgeräusche aus der Tiefe zu vernehmen: Der Meissel des Bohrkopfs schlägt an die Felswand. Das Geräusch ist aus rund 100 Metern Distanz hörbar. Nach der Pilotbohrung wird das Bohrloch aufgeweitet, im Fachjargon «geräumt». Der Aufweitbohrkopf – oder «Räumer» – bohrt und zieht sich durch das Pilotloch. Während der Räum-Phase verschweissen Monteure abseits der Baustelle oben am Freudenberg 24 Rohre à 10 Meter Länge zu einem einzigen Strang. Dieser bildet die neue Wasserleitung, die nach der definitiven Aufweitung ins fertiggestellte Bohrloch eingezogen wird.
Das nasse Wetter in den letzten Wochen war herausfordernd für das Bohrunternehmen: Wenn zu viel Wasser ins Bohrloch dringt, verwässert es die Bentonit-Mischung. Zu stark verwässert kann das Tonerde-Gemisch seine Funktion, das Bohrloch zu stützen und das Fräsgut auszuspülen, nicht mehr ausüben.
Textalternative zum Bild: Ein Blick auf das Bohrloch. - neues Fenster
Das Wasser ist sein Element
Der 48-jährige Carizzolo arbeitet seit 20 Jahren bei den St.Galler Stadtwerken und ist seit 2006 Ressortleiter. Als Ausgleich zu seiner Arbeit treibt Michele Carizzolo viel Sport, am liebsten im und auf dem Wasser: «Ich bin eine Wasserratte», sagt der Stadtsanktgaller und lacht. Seine Leidenschaft ist das Wellenreiten. Mit 21 Jahren stand er das erste Mal auf einem Surfbrett, inspiriert durch den Actionfilm «Point Break», und seither hat ihn das Surf-Fieber nicht mehr losgelassen. Aber auch hiesigen wellenlosen Gewässern ist er zugetan: Im Sommer geht er vor der Arbeit jeweils in den Drei Weieren schwimmen. Und in den Sommerferien ist es Tradition, ans Meer zu reisen: Nach Apulien, der Heimat seiner Eltern.