Die Inbetriebnahme des unterirdischen Röhrenspeichers im Hohfirst vor zehn Jahren bedeutete auch das Aus für die Gaskugelspeicher in St.Gallen und Goldach. Mit der Umsetzung des städtischen Energiekonzepts soll die Energieversorgung bis 2050 klimaneutral sein. Gas wird weiterhin eine wichtige Rolle spielen – allerdings nicht mehr fossil, sondern erneuerbar. Der Ressortleiter Netzbetrieb der St.Galler Stadtwerke erinnert sich an den damaligen Umbau der Gasversorgung.
Ein Spaziergang durch den Weiler Ebnet-Hohfirst in Waldkirch vermittelt ein Gefühl von Ruhe und ländlicher Idylle. Man ahnt kaum, dass sich hier, zwischen Natur und Landwirtschaft, eine technische Besonderheit verbirgt: Vor zehn Jahren wurde unter einer der üppigen Wiesen eine Speicheranlage für Erd- und Biogas erbaut. Die unterirdische Anlage hat die Grösse eines Fussballfeldes. Sie besteht aus 16 Röhrensträngen, von denen jeder einzelne eine Länge von 115 Metern misst. Insgesamt wurden über 1,8 Kilometer Rohre vergraben. Die Speicherrohre haben einen Durchmesser von 1,5 Metern und liegen alle nebeneinander etwa einen Meter unter der Erdoberfläche. Die Bauarbeiten des Röhrenspeichers sowie der angrenzenden Druckreduzieranlage, die als einzige sichtbar ist, dauerten rund ein Jahr. Mit der neuen Anlage wurde die bisherige Gasspeicherkapazität verdoppelt und beträgt neu 200 000 Normkubikmeter.
Im Juni 2014 wurden die beiden Anlagen im Hohfirst ans St.Galler Gasnetz angeschlossen, was gleichzeitig das Ende der vier Gaskugelspeicher im Riet in Goldach und im St.Galler Schellenacker bedeutete. Die 50-jährigen Gaskugeln wurden zurückgebaut, und alle vier nach dem gleichen Prinzip: Zunächst trennten Spezialisten die Kugeln mit einem Schweissbrenner auf und zerlegten sie in Einzelteile. Diese wurden danach zur Reinigung in ein Stahlwerk transportiert und anschliessend eingeschmolzen.
«Einige kritische Stellen entdeckt»
Hampi Speck, Ressortleiter Netzbetrieb im Bereich Wärme, Gas und Wasser bei den St.Galler Stadtwerken (sgsw), war bei der Umstellung der städtischen Gasversorgung damals dabei. Eine intensive, aber auch sehr spannende und lehrreiche Zeit sei es gewesen, erinnert er sich. «Die grösste Herausforderung war aber nicht der Bau der Speicheranlage oder der Rückbau der Gaskugelspeicher, sondern die Erhöhung der Transportkapazität des städtischen Gasnetzes von ein auf fünf Bar.» Dieser Umbau dauerte fast zehn Jahre, da alle Leitungen auf Stadtgebiet mehrfach auf Lecks geprüft werden mussten. Das heisst: Nicht das gesamte bestehende Leitungsnetz wurde erneuert. Speck und sein Team eruierten kritische Stellen und ersetzten diese fortlaufend. Dabei gingen sie auf dem rund 15 Kilometer langen Leitungsnetz etappenweise vor. «Wir erhöhten den Druck an gewissen Stellen auf 8 Bar und warteten 24 Stunden», erklärt er. Hielten die Leitungen diesem Druck nicht Stand, wurde die Schwachstelle geflickt. Danach gab es zur Sicherheit eine weitere Druckprobe. «So haben wir doch einige kritische Stellen in den Leitungen ausfindig machen können.»
Der Ersatz der Gaskugelspeicher war nötig geworden, weil der Bund neue Vorschriften erlassen hat. Deshalb lief die Konzession des Bundesamtes für Energie (BFE) auf Ende 2017 aus, weshalb sich die sgsw bereits Jahre davor zu Anpassungen am Gasnetz entschieden haben. Eine entsprechende Vorlage wurde 2011 von 85 Prozent der städtischen Stimmbevölkerung gutgeheissen. Zum Umbau der Gasversorgung gehörte neben dem neuen Röhrenspeicher und der Druckreduzieranlage im Hohfirst auch die Umstellung des lokalen Transportnetzes von ein auf fünf Bar. Das steigert die Flexibilität bei der Gasversorgung. «Durch den erhöhten Druck ist die eingespeiste Gasmenge heute überall in der Leitung verfügbar», sagt Hampi Speck. «Dadurch lassen sich das Erd- und das Biogas von der Anlage im Hohfirst bis nach Goldach oder umgekehrt transportieren, was die Versorgungssicherheit gewährleistet.» Ein weiterer Vorteil sei die ringartige Versorgung, welche die Arbeit der sgsw-Mitarbeitenden gerade bei Störungen erleichtere. «Zuvor wurde das Gas über Einzeleinspeisung verteilt, wodurch wir deutlich eingeschränkter waren. Jetzt können wir schneller auf Störungen reagieren und auch Engpässe verhindern.» Dank dieser Verbesserungen profitiere die gesamte Region von einer stabileren und effizienteren Gasversorgung.
Gasversorgung seit über 160 Jahren
Seit Mitte des 19. Jahrhunderts wird Gas in der Schweiz als Energiequelle genutzt. Bis zur Einführung von Erdgas Anfang der 1970er-Jahre wurde das so genannte Stadtgas vor Ort aus Holz, später aus Kohle oder Erdölprodukten erzeugt. Erste Importverträge mit den Niederlanden sicherten die Versorgung, und es entstand ein Netz von Pipelines. Zu Beginn wurde Stadtgas für die öffentliche Beleuchtung benutzt, danach auch zum Kochen. Mit der Umstellung auf Erdgas kamen die Industrieanwendungen und die Verwendung für Heizungen dazu. Im Jahr 1997 gelang es weltweit erstmals, in Samstagern ZH Biogas ins Gasnetz einzuspeisen. Seither ist der Anteil an Biogas stetig gewachsen und mittlerweile nicht mehr wegzudenken.
Obwohl mit der Umsetzung des städtischen Energiekonzepts die Energieversorgung bis 2050 klimaneutral sein soll, wird Gas weiterhin eine wichtige Rolle spielen – allerdings nicht mehr fossil, sondern erneuerbar. So können beispielsweise auch Blockheizkraftwerke mit Gas beliefert werden. Sie erzeugen gleichzeitig Strom und Wärme. «Dies ist besonders im Winter wichtig, wenn die Nachfrage nach Strom hoch ist», sagt der Fachmann.
Er ist überzeugt, dass die Gasversorgung noch lange nicht ausgedient hat. Für die Industrie, für die Fernwärmeversorgung und für die Blockheizkraftwerke bleibt Gas wichtig. Bei den Privathaushalten hingegen sieht man einen klaren Rückgang. Es brauche einen guten Mix von verschiedenen Energiequellen, sagt Hampi Speck. «Es kann bei einzelnen Energieträgern immer wieder zu Problemen kommen, sei es politisch, ökologisch oder wirtschaftlich. Und dann sind wir froh, wenn wir auf verschiedene Energieträger setzen.»
