Beim Seewasserwerk Frasnacht wurde im Herbst der Fassungskorb ausgetauscht. Dieser Korb hält Fische und andere Fremdkörper davon ab, ins Innere der Trinkwasserleitung zu gelangen – nicht aber die invasive Quagga-Muschel, die an den Fassungskörben und Rohren wächst. Damit das Wasser ungehindert ins Seewasserwerk fliessen kann, müssen die Körbe regelmässig gereinigt werden.
Blauer Himmel, Sonnenschein und beinahe Windstille: Bei diesem klaren Herbstwetter hebt das Kranschiff den neuen Fassungskorb (Seiher) in den Bodensee und lässt den fast fünf Meter hohen Korb rund 60 Meter in die Tiefe gleiten. Zuvor wurde der alte Fassungskorb entfernt. Dieser detailliert abgestimmten Mission, die insgesamt drei Tage dauert, ging ein halbes Jahr Vorarbeit voraus. Bereits im Februar 2024 fanden die ersten Arbeitsschritte statt, um den eigentlichen Austausch des Fassungskorbes vorzubereiten. Denn dafür müssen viele Umstände passen und Arbeiten aufeinander abgestimmt werden.
Darum kümmert sich Erwin Rudolf, er ist Unternehmensleiter der Tiefenstein AG in Horn und für den Austausch der Fassungskörbe verantwortlich. Auftraggeber dieses Projekts ist die Inhaberin des Seewasserwerks Frasnacht, die Regionale Wasserversorgung St.Gallen AG (RWSG). Die Geschäftsführung und Betriebsführung der RWSG liegt bei den St.Galler Stadtwerken.
Fassungskorb hält Fische und Fremdkörper ab
Um das Wasser im Seewasserwerk Frasnacht aufzubereiten neues Fenster, wird es in 60 Metern Tiefe dem Bodensee entnommen. Am Ende der Wasserleitung befindet sich ein Fassungskorb, dessen Löcher Filterfunktion übernehmen und so verhindern, dass Fische und andere Fremdkörper von der Wasserpumpe angezogen werden und ins Innere der Leitung gelangen.
Erwin Rudolf hat für das Seewasserwerk Frasnacht zwei neue Fassungskörbe angefertigt, der alte Fassungskorb war technisch nicht mehr auf dem neusten Stand. Da die St.Galler Stadtwerke nun zwei Fassungskörbe haben, kann der Korb, der sich unter Wasser befindet, etwa alle zwei Jahre ausgetauscht und an Land gereinigt werden.
Wind, Wetter und Wassertiefe
Hochwasser, schlechte Sicht, starker Wind: Wasserstand und Wetterverhältnisse machten es schwierig, die Fassungskörbe unter geeigneten Bedingungen auszutauschen. Zusätzlich stellte die Wassertiefe von 60 Metern eine Herausforderung dar, die den Einsatz von speziell ausgebildeten Tiefseetauchern und insgesamt 16 Personen erforderte. Die Taucher können aufgrund der Tiefe nur kurz tauchen, weshalb mehrere von ihnen im Einsatz sind. Die Bereitstellung der Infrastruktur mit mehreren Arbeitsschiffen und Begleitbooten sowie schwere und wuchtige Installationsgegenstände wie Rohre, Schrauben und Körbe bildeten eine weitere Komponente im komplexen Zusammenspiel. Immerhin wiegt der neue Fassungskorb dank technischer Weiterentwicklung nur noch eine Tonne – ganze 5 Tonnen weniger als das alte Modell.
Schäden an Wasseranlagen im Bodensee verhindern
Die Fassungskörbe halten Fremdkörper vom Eindringen ins Innere der Leitung ab. Doch gegen die Quagga-Muscheln kommen auch die Körbe nicht an. Die Larven der Muscheln sind so klein (40µm), dass sie durch den Fassungskorb in die Leitung gelangen und sich dort ansiedeln.
Erwin Rudolf hat die Invasion der Quagga-Muschel von Anfang an mitverfolgt. Seit 2016 hat sich die nicht heimische Tierart – ein sogenanntes Neozoon – im Bodensee rasant ausgebreitet. «Die Muschel kann sogar in Tiefen von mehr als 200 Metern überleben», sagt Erwin Rudolf. «Beinahe der ganze Seegrund ist von den Schalentieren bedeckt. Es wichtig, dass wir vorbereitet sind, denn die Muscheln werden sich noch stärker ausbreiten.» Für die Trinkwasserversorgung sind die Kleintiere eine Herausforderung, da sie Rohre und Filter verstopfen können.
Im Einsatz für das St.Galler Trinkwasser und im Kampf gegen die Quagga-Muschel-Plage sind innovative Lösungen gefragt. Erwin Rudolf hat mit der Firma Tiefenstein in Zusammenarbeit mit diversen Wasserproduzenten vom Bodensee vor einigen Jahren ein neues System für die Anlagen entwickelt, um diese einfacher zu reinigen und die Wasserrohre und Fassungskörbe von den sich äusserst rasch vermehrenden Muscheln zu befreien. Dadurch gelingt es, effizient und frühzeitig Schäden an der Infrastruktur der Wasseranlagen entgegenzuwirken.
Neue Technik vereinfacht Reinigung der Rohre und Körbe
Die neue Reinigungsmethode setzt auf sogenannte Reinigungsmolche, das sind, abhängig vom Leitungsdurchmesser, bis zu 2,5 Meter lange, zylinderförmige Schaumstoffschwämme unterschiedlicher Bauart, die mit Wasserdruck durch die 1,5 Kilometer lange Seewasserleitung gepresst werden. Während die Reinigungsmolche durch die Leitungen rotieren, lösen sie die Quagga-Muscheln von den Oberflächen ab und stossen diese zurück in den See. So kann das Wasser weiterhin ungehindert durch die Leitung fliessen. Auch beim Seewasserwerk Frasnacht kommt diese Technik voraussichtlich ab dem nächsten Jahr zum Einsatz.
Der neue Fassungskorb muss etwa alle zwei Jahre gereinigt werden. Eine Unterwasserdrohne prüft zweimal jährlich, wie viele Muscheln sich beim Korb angesetzt haben und ob eine Reinigung erforderlich ist. Die Reinigung gestaltet sich dank der neuen Körbe weniger aufwendig: Der neue Schutzkorb wird vom Kranschiff aus mit Unterstützung einer Unterwasserdrohne neu auf die Rohrleitung gesetzt statt angeschraubt. Steht eine Reinigung an, wird der Korb mit Unterstützung von Unterwasserdrohnen an die Wasseroberfläche gezogen, wo die Muscheln entfernt werden.
Bei den neu eingeführten Reinigungsmethoden für Rohre und Körbe sind im Normalfall keine Taucher mehr nötig, was den Vorgang erheblich sicherer macht und vereinfacht. Ein Team an Land und auf dem Boot kann die Arbeiten mit Unterstützung von Unterwasserdrohnen durchführen.
Damit das Trinkwasser Tag für Tag aus den St.Galler Leitungen fliesst, stellt im Hintergrund ein vielschichtiges Zusammenspiel von Mensch, Maschine und Natur eine einwandfreie Trinkwasserversorgung sicher.
Im Einsatz für das St.Galler Trinkwasser
Die RWSG stellt die Versorgung mit Trink-, Brauch- und Löschwasser für über 150'000 Menschen in der Region sicher und ist von der Fassung des Rohwassers über die Aufbereitung bis hin zum Transport verantwortlich. Die Hauptaufgabe der RWSG besteht darin, den Betrieb des Seewasserwerks in Frasnacht sowie des Hochdruckpumpwerks Riet in Goldach samt den dazugehörigen Transportanlagen sicherzustellen. Heute sind zwölf Ostschweizer Partner an diesem Unternehmen beteiligt. Die Betriebsführung der RWSG liegt bei den St.Galler Stadtwerken.
Mit Drohnen Kontrollen durchführen und die Anlagen der Trinkwasserversorgungen regelmässig reinigen: Damit das Trinkwasser Tag für Tag aus den St.Galler Leitungen fliesst, stellt im Hintergrund ein vielschichtiges Zusammenspiel von Mensch, Maschine und Natur eine einwandfreie Trinkwasserversorgung sicher. Die St.Galler Stadtwerke handeln vorausschauend, überwachen die aktuellen Prozesse, erkennen Gefahren und ergreifen bei Bedarf zusammen mit spezialisierten Partnerunternehmen frühzeitig Massnahmen, um die hervorragende Wasserqualität auch in Zukunft zu gewährleisten.
